Vorwort

Bevor Varuna Mitra das Licht der Welt erblickte, war uns bewusst, dass unser Bestreben, so lokal wie möglich zu produzieren, zentral für unser Konzept sein muss. Der Senfsamen bildet das Herzstück unserer Produkte und ist somit unsere wertvollste Zutat. Ursprünglich hatten wir den eigenen Anbau nicht vor 2026 geplant, hauptsächlich aufgrund der erheblichen Investitionen, die ein solches Unterfangen erfordert.

Doch das Jahr 2023 brachte eine unerwartete Wendung: Wir erhielten die Gelegenheit, auf knapp zwei Hektar Land unseren eigenen Senf anzubauen. Diese Möglichkeit verdanken wir dem Landwirt Moritz Rautenberg und seiner Familie, die von der Vision von Varuna Mitra begeistert sind und uns ihre Unterstützung anbieten. Für viele Landwirte lohnt sich der Aufwand erst ab einer Fläche von 30 bis 40 Hektar, daher ist diese Kooperation für uns von unschätzbarem Wert.

Einleitung
Das Erntejahr 2024 war geprägt von Entscheidungen und Anpassungen, die Landwirte in ganz Deutschland zu treffen hatten, angesichts einer erwarteten Getreideernte von etwa 42 Millionen Tonnen (Quelle: BMEL).

Frühjahr und Aussaat
Ein ungewöhnlich mildes Frühjahr ermöglichte es, die Getreideaussaat dieses Jahr um etwa vier Wochen vorzuverlegen. Diese Entscheidung war nicht leicht, bedenkt man die Wetterunsicherheiten, die durch Phänomene wie El Niño und La Niña verursacht werden.

Wetterphänomene und ihre Auswirkungen
El Niño und La Niña:
Während El Niño uns in den letzten Jahren mit Hitzewellen und Trockenheit herausforderte, steht uns nun mit La Niña eine Phase kühlerer und extremerer Wetterbedingungen bevor. Diese Phänomene sind seit Langem erforscht, doch ihre Vorhersage bleibt komplex.

Herausforderungen der modernen Landwirtschaft

Die Anpassung an industrielle Effizienzstandards in der Landwirtschaft führt zu einer Vernachlässigung der Flexibilität gegenüber klimatischen Veränderungen. Ertragsausfälle durch Überzüchtung und Spezialisierung sind die Folge. Die Saatgutindustrie preist zwar resistente und ertragreiche Sorten an, jedoch auf Kosten der Verdaulichkeit und genetischen Vielfalt.

Genetische Vielfalt und Samenbanken

In den 1980ern begann man, Samenbanken anzulegen, um die genetische Vielfalt zu sichern. Bereits nach 40 Jahren greift man auf diese Reserven zurück, um die Genetik moderner Zuchtlinien zu erneuern, was die Überzüchtungsproblematik unterstreicht.

Der Befall durch die Kohlblattwespe

Unser Senf (Sinapis alba), ein Kreuzblütler, zog dieses Jahr die Kohlblattwespe an. Obwohl die Wespe selbst harmlos ist, verursachen ihre Larven erhebliche Schäden, indem sie das Blattwerk fressen und somit die Fotosynthese der Pflanzen unterbinden. Dies führt zu einer Notversorgung der Pflanze, was die Qualität der Samen stark beeinträchtigt – in unserem Fall war kein Senföl in den Samen vorhanden.

Bild 1: Larve der Kohlblattwespe

Bild 2: Blattskelett im Anfangsstadium

Die Ernte

Im August war es soweit – Erntezeit. Dank der frühzeitigen Aussaat konnten wir auch früher ernten. Trotz des Befalls durch die Kohlblattwespe, der unsere Pflanzen erheblich in Mitleidenschaft zog, konnten wir knapp 1,9 Tonnen Senf ernten. Ein theoretischer Erfolg, wäre da nicht das Problem mit den fehlenden ätherischen Ölen gewesen.

Nun stehen wir vor 1,9 Tonnen Senfsaat, die leider nicht für die Produktion von Senfprodukten geeignet ist. Es ist bedauerlich, doch diese Saat wird nicht verschwendet. Derzeit führen wir Gespräche mit mehreren Landwirten, die unseren Senf als Zwischenfrucht nutzen möchten. Diese Methode beinhaltet, dass die Saat ausgesät wird, in der Blütezeit gemulcht und dann untergepflügt wird, um den Boden mit zusätzlichen Nährstoffen anzureichern.

Doch auch hier zeigt sich, dass Landwirtschaft nicht ohne Bürokratie auskommt. Nicht jede Saat darf einfach so weiterverwendet werden. Bei vielen Sorten fallen in solchen Fällen Lizenzgebühren an, die durchaus beträchtlich sein können. Glücklicherweise betrifft dies unsere Sorte nicht, und wir können durch den Verkauf als Zwischenfrucht einen Teil unseres Verlustes wieder ausgleichen.

Präventivmaßnahmen für zukünftige Ernten

Um unsere Senfernte vor Schädlingen zu schützen und die Qualität unserer Produkte zu sichern, werden wir folgende Maßnahmen ergreifen:

  • Bodenbearbeitung: Eine gründliche Bodenbearbeitung nach der Ernte kann helfen, Schädlinge zu reduzieren, die in Ernterückständen überwintern.
  • Natürliche Feinde: Auf großen Flächen könnte man natürliche Feinde wie die Raubmilbe einsetzen, obwohl dies aufwendig und risikoreich ist.
  • Chemische Bekämpfung: Einsatz von selektiven Spritzmitteln, die gezielt die Larven bekämpfen, ohne langfristige Rückstände zu hinterlassen.

Video 1: Varuna Mitra Senfernte

Video 2: Varuna Mitra Senfernte

Fazit

Die Herausforderungen des Senfanbaus im Jahr 2024 zeigen, wie eng die Landwirtschaft mit den Launen des Klimas und den Zyklen der Natur verbunden ist. Es bleibt eine Gratwanderung zwischen Effizienz und Nachhaltigkeit, wobei die Erhaltung der genetischen Vielfalt und die Anpassung an neue Wetterbedingungen zentrale Themen für die Zukunft sind.

Zum Schluss möchten wir uns noch herzlich bei unserem Landwirt und seiner Familie bedanken, ohne sie wäre diese tolle Erfahrung nicht möglich gewesen. Vielen Dank, Familie Rautenberg!

×